Lion Rampant - Kampf- und Fehdeberichte
Hier veröffentliche ich in loser Folge Berichte von einigen meiner mit dem Tabletop-Regelsystem Lion Rampant ausgefochtenen Scharmützel und Fehden, an denen meine spätmittelalterliche Frankfurter Truppe beteiligt war. Ich hoffe, die Berichte bringen die Spannung und Dramatik der einzelnen Gefechte gut rüber, auch für diejenigen, die mit dem Regelsystem nicht vertraut sind
Kampf um die Brücke über den Königsbach (1425)
Am 20.04.2024 spielten Sebastian und ich ein spannendes Szenario mit Lion Rampant, das sich um das Jahr 1425 zugetragen haben könnte und im Süden Frankfurts verortet war. (Siehe die abgebildete Karte, welche zwar Ende des 16. Jahrhunderts entstand, aber die lokalen Gegebenheiten auch für die Zeit ca. 150 Jahre früher gut vermittelt. Achtung: Die Karte ist nicht genordet - Süden liegt oben, Norden liegt unten.)
Die Langener, kommandiert von Sebastian, der passenderweise in Langen wohnt, marschierten mit einem Aufgebot nordwärts entlang der fast schnurgeraden Straße, die von Egelsbach über Langen und Sprendlingen bis zur Sachsenhäuser Warte verläuft, um aus einem längst vergessenen Fehdegrund die vor der Landwehr gelegenen und damit ungeschützten Frankfurter Gehöfte zu brandschatzen.
Die Frankfurter, unter meinem Kommando, der ich Frankfurt zu meiner Wahlheimat auserkoren habe, waren rechtzeitig gewarnt und rüsteten, gurteten und sattelten ihrerseits ein kleines Aufgebot von annähernd gleicher Größe, mit dem sie auf derselben Straße gen Süden zogen, um die Langener abzufangen.
Beide Kontrahenten trafen schließlich an der Stelle aufeinander, wo die Straße den Königsbach quert.
Der Königsbach (auch Luderbach genannt) wurde erstmals 1128 urkundlich erwähnt. Er entspringt unweit von Dreieich, schlängelt sich in einem Bogen gen nordwestlicher Richtung und mündet schließlich bei Niederrad in den Main. Heutzutage fließen mehr als 1/3 seiner Länge von ca. 14 km durch Frankfurter Stadtgebiet - überwiegend durch den als Naherholungsgebiet beliebten Stadtwald -, im Mittelalter lag zwischen dem Königsbach und der Frankfurter respektive Sachsenhäuser Stadtmauer noch eine weite Distanz.
Die Frankfurter Truppen bestanden aus Zunftangehörigen (1) (Heavy Infantry), die durch ein Gehöft anrückten, schwer gerüsteten Söldnern (2) (Elite Infantry), die sogleich entschlossen auf die Brücke zustürmten, damit die Langener sich gar nicht erst auf dem diesseitigen Flussufer würden entfalten können, leicht bewaffneten nichtzünftigen Bürgern (3) (Light Infantry) und Armbrustschützen (4) (Crossbowmen). Nach rechts hin, wo eine schmale Furt eine Flussquerung ermöglicht, schlossen sich die Kämpfer zu Pferd an: Angehörige der Patrizier (5) (Heavy Cavalry) sowie wohlhabende berittene Bürger (6) (Light Cavalry). Dem Langener Aufgebot stand auf der gegenüberliegenden Seite des Königsbachs, wo der ausgedehnte Dreieicher Forst beginnt, weniger Raum zur Verfügung. Es führte nicht bloß Langener mit sich, sondern wurde unterstützt von benachbarten Gemeinden sowie einem Verband hussitischer Söldner, die es auf verschlungenen Pfaden in diese Region verschlagen hat (zur Aufklärung dieser Kuriosität konnten bisher leider noch keine Quellen im Langener Stadtarchiv ausfindig gemacht werden)! Die Offenthaler Reiterei (7) (Heavy Cavalry) nahm dicht am Bachufer Aufstellung, die Langener Apfelweinkelter (8) (Light Infantry) standen unmittelbar vor der Brücke, die mit Armbrüsten ausgestatteten Langener Weißbinder (9) (Crossbowmen) stellten sich so an den Waldrand, dass sie gerade noch herausschießen konnten, selber aber gut gedeckt waren. Zunächst ziemlich weit entfernt vom Geschehen befand sich das Offenbacher Aufgebot (10) (Elite Infantry), gefolgt von den hussitischen Söldnern (11) (Light Infantry) hinter einem umzäunten Schuppen und den Langener Bauern (12) (Skirmishers), die über ein Kornfeld anrückten.
Die Frankfurter Söldner erstürmten rasch die Brücke und schlugen die Langener Apfelweinkelter zurück (13). Diese konnten die Attacke allerdings unerwartet gut parieren, zudem mussten die Söldner heftigen Beschuss aus nächster Distanz durch die Langener Weißbinder über sich ergehen lassen, während sie die Brücke überquerten, so dass sie schon vor dem Feindkontakt empfindlich dezimiert waren. Die Frankfurter Armbrustschützen positionierten sich unterdessen ihren Langener Fernkampfkontrahenten gegenüber (14). Dort hatten sie ein gutes Schussfeld; ihre exponierte Lage und die mangelnde Deckung durch natürliche Hindernisse konterten sie mit einem Wall aus Pavesen. Die Langener Truppen jenseits des Waldes waren in dieser frühen Phase des Scharmützels äußerst unmotiviert und rührten sich zunächst nicht vom Fleck (15). Aus diesem Grund warteten auch die gegenüber stehenden Frankfurter Berittenen erst einmal ab (16), zumal sie es nicht wagen wollten, über die Furt hinweg einen Angriff auf die gut im Gelände positionierten Langener Truppen zu unternehmen.
Jenseits der Brücke spielten sich nun dramatische Szenen ab (17): Nach einem erbitterten Kampf zwischen den Frankfurter Söldnern und der Offenthaler Reiterei wurde Erstere - durch Beschuss und Kampf bereits dezimiert -, komplett aufgerieben, während Letztere unter starken Verlusten in die Flucht geschlagen wurde. Die Frankfurter Zünfte waren unterdessen über die Brücke nachgerückt, mussten aber, wie vor ihnen die Söldner, empfindliche Verluste aufgrund des andauernden Beschusses durch die Langener Armbrustschützen hinnehmen. Die schwer gepanzerten Ritter des Offenbacher Aufgebots waren inzwischen motivierter und machten sich großen Schrittes mitten durch den Wald in Richtung der Brücke auf den Weg (18). Auch die Frankfurter zogen daraufhin Truppen in Richtung der Brücke ab: Da sich die Lage auf der rechten Seite wegen der fortbestehenden Unentschlossenheit der Hussitensöldner und Langener Bauern entspannte (19), ritten die Frankfurter Patrizier geschwind in die andere Richtung (20). Die leichteren Frankfurter Reiter, nun auf dieser Seite auf sich gestellt, rückten daraufhin leicht vor, um die Furt zu bewachen (21).
Der Offenthaler Kavallerie war es letztlich gelungen, sich zu sammeln - es war allerdings nur noch der Anführer übrig, alle anderen Reiter waren geflohen (22). Damit erging es ihm aber immer noch besser, als dem Anführer der Frankfurter, der gemeinsam mit seiner Truppe, den Zünften, komplett von dem gepanzerten Offenbacher Aufgebot, das aus dem Wald anrückte, in die Flucht geschlagen wurde. Jenes Offenbacher Aufgebot zog daraufhin weiter über die Brücke in Richtung der Frankfurter (23). Ihnen gegenüber platzierten sich die Frankfurter Patrizier zu Pferde (24), die jedoch zunächst nicht angreifen wollten, sondern beschlossen, abzuwarten, bis das Offenbacher Aufgebot durch die Frankfurter Armbrustschützen ausreichend dezimiert sein würde. Diese Armbrustschützen konnten kurz zuvor bereits ihre Kontrahenten auf der anderen Seite des Baches, die Langener Armbrustschützen, die lange dem energischen Beschuss der Frankfurter standgehalten hatten, in die Flucht schlagen (25). Dafür konnten sich die fernkampffähigen hussitischen Söldner endlich aufraffen, in das Geschehen einzugreifen, und bezogen eine hervorragende Stellung innerhalb einer Einzäunung (26). Und auch die Langener Bauern fassten nun endlich Mut und besetzten die Furt (27). Die Frankfurter leichten Berittenen zogen sich daraufhin nach hinten zurück, um einem drohenden Beschuss sowohl durch die Hussiten als auch die Bauern auszuweichen (28).
Und erneut ein dramatischer Höhepunkt: Das Offenbacher Aufgebot hat die Frankfurter Armbrustschützen attackiert und komplett in die Flucht geschlagen, obwohl jene sich durch ihre Pavesen gut geschützt sahen (29). Mit einem solchen fatalen Ergebnis hatten auch die Frankfurter Patrizier, die nach wie vor in abwartender Position verharrten, nicht gerechnet (30), ansonsten hätten sie sich doch sicherlich früher zum Angriff entschlossen! Unterdessen überquerten nun auch die Langener Apfelweinkelter, die nach dem frühen Angriff der Frankfurter Söldner lange Zeit nicht einsatzfähig waren, die Brücke (31). Auch die Langener Bauern waren weiter, wenn auch langsamen Schrittes, unterwegs in Richtung der Frankfurter (32). Die leichtbewaffneten Frankfurter Reiter zogen daraufhin in einer langen Reihe nach rechts durch ein Kornfeld, dabei weiterhin penibel darauf bedacht, nicht in die Schussreichweite eben jener Bauern sowie der sich auf der anderen Seite des Baches befindlichen hussitischen Söldner zu geraten (33).
Die Frankfurter Patrizier entschlossen sich endlich zum Angriff und ritten die letzten beiden verbliebenen Ritter des Offenbacher Aufgebots nieder (34). Die leichtbewaffneten Frankfurter Bürger (35), die bisher noch gar nicht in das Scharmützel eingegriffen hatten, gaben sich unerwartet heroisch und deckten die Patrizier vor dem Beschuss durch die hussitischen Söldner (36), indem sie sich einfach in die Schusslinie stellten.
Die Konsequenz für diesen Übermut folgte sogleich: Die Frankfurter Bürger hielten dem Beschuss durch die hussitischen Söldner von der anderen Seite des Baches nicht stand und ergriffen schon nach der ersten Salve die Flucht (37)! Immerhin hatten sie ihre Mission insofern erfüllt, als dass sich die Frankfurter Patrizier keine einzige Salve einfingen und unbeschadet gegen die Langener Apfelweinkelter auf der Brücke anreiten konnten, die sie vollständig eliminierten (38). Auf der rechten Seite setzte sich in gewisser Weise die bisherige Ereignislosigkeit fort, da sich keine der dort positionierten Truppen entschließen konnte, etwas zu unternehmen (39).
Aber das Scharmützel am Königsbach war nun so oder so beendet. Zwar lagen die Langener "nach Punkten" vorne, aber die Kämpfe waren für beide Seiten derart verlustreich, dass die Begriffe Sieg und Niederlage wie Hohn klingen. Die Frankfurter verfügten noch über die leicht dezimierten Patrizier und die unbeschadeten Bürger zu Pferde; die Langener hatten noch die vollständigen Truppen der hussitischen Söldner und der Bauern sowie die sehr stark reduzierte Offenthaler Kavallerie. Da weder die Hussiten noch die Bauern ernstlich entschlossen und in der Lage schienen, die Mission fortzusetzen, blieben immerhin die Frankfurter Gehöfte - das eigentliche Ziel des Langener Aufmarsches - vor dem Plündern und Brandschatzen verschont
Überraschung vor Marköbel (1388)
Am 24. März 2024 trugen Zigor und ich ein spätmittelalterliches Scharmützel mit dem Regelwerk Lion Rampant aus, das direkt vor dem Stadttor von Marköbel lokalisiert war.
Beide brachten ihre prachtvollen Kämpfer zu Fuß und zu Pferde mit, bestehend aus 28mm-Figuren von Perry Miniatures. Die Truppen hatten einen Punktewert von ganz ordentlichen 32 Punkten. Das wunderschöne Gelände mit dem Torhaus und der Stadtmauer brachte Zigor mit.
Meine Frankfurter Truppe bestand aus berittenen Söldnern (Elite Cavalry), die als "gedrillt" und "motiviert" aufgewertet waren, Patriziern zu Pferde (Heavy Cavalry), welche die spezielle Eigenschaft "furchteinflößend" hatten, Söldner in Rüstung (Elite Infantry), Angehörige der Schusterzunft (Heavy Infantry), leichtbewaffnete Plänkler (Skirmishers) sowie Armbrustschützen (Crossbowmen), die Pavesen mitführten - in Summe hatten die Frankfurter somit sechs Einheiten.
Zigors Hanauer Truppe bestand aus neun Einheiten (von denen keine speziell aufgewertet war): Reisige (Heavy Cavalry), und zwar davon gleich zwei Einheiten, Ritter von Hanau zu Fuß (Elite Infantry), Hanauer Söldner (Heavy Infantry), Marköbler Spießbürger (Light Infantry), Plänkler mit Büchsen (Skirmishers), zwei Einheiten Armbrustschützen (Crossbowmen) sowie örtliche Bauern und Knechte (Levied Infantry).
Beide Seiten wurden von je zwei Anführern (einer zu Pferde, einer zu Fuß) begleitet, von denen als einziger Ulrich V. von Hanau tatsächlich namentlich bekannt ist, die anderen waren namenlos. (Ulrich war den Rittern von Hanau zugeordnet, der zweite Hanauer Anführer ritt mit den Reisigen; auf Seiten der Frankfurter waren die Anführer bei den Patriziern und den Zünften.)
Es war der Sommer des Jahres 1388, als die Bäume in voller Pracht standen und das Getreide auf den Feldern reifte - übrigens etwa ein Jahr vor der berüchtigten Schlacht von Eschborn, in der sich beide Kontrahenten wieder gegenüber stehen sollten.
Das Spiel war als klassisches Escape-Szenario konzipiert: Die Frankfurter mussten so viele ihrer Truppen wie möglich von der einen kurzen Tischseite zur anderen kurzen Tischseite bringen und den Tisch dort verlassen. Ganz strikte Siegbedingungen wurden aber nicht vereinbart, sondern wir haben einfach drauf los gespielt und geguckt, wie es sich entwickelt - solche narrativen Szenarien sind mir sowieso viel lieber, als rein kompetitive Spiele
Nun versuchen wir, die Ereignisse aus den Überlieferungen der Chronisten zu rekonstruieren.
Die Frankfurter brachen mit einem kleinen Trupp noch vor Sonnenaufgang, mitten in der Nacht, von ihrer mittelalterlichen Metropole auf, passierten die Friedberger Warte und marschierten gen Nordosten. Ihr Ziel war das 35 km entfernte Gelnhausen, wo sie eine Fehdesühne, deren Anlass längst im Dunkeln der Geschichte verloren ist, einzulösen forderten. Ihr Weg führte sie an das zum Einflussgebiet der Hanauer gehörende Örtchen Marköbeln vorbei, das sie entlang der dicht an der Stadtmauer vorbeiführenden breiten Straße zu passieren gedachten. Zu dicht für Ulrich von Hanau, der sich zufällig zur selben Zeit mit einigen seiner Ritter zu Fuß und Pferde in dem Ort aufhielt. Der aufbrausende und junge (und, wie manche spätere Historiker behaupten, auch nicht besonders helle) Regent, der erst ganz am Anfang seiner Herrschaft stand, sah sich durch diese plötzliche Ansammlung waffenstarrender Frankfurter provoziert und rief seine Truppen, verstärkt von Marköbler Schützen und Milizen, vor dem Stadttor zusammen, um den Frankfurtern eine Lektion zu erteilen!
Der Wechsel zur Vogelperspektive zeigt für den Aufmarsch folgendes Bild: Die Frankfurter Zünfte (1) und Söldner (2) marschieren die Straße entlang. Die Plänkler (3) bahnen sich ihren Weg durch die Getreidefelder, ebenso wie die Armbrustschützen (4). Die berittenen Söldner (5) und Patrizier (6) suchen sich für ihren Weg die einzig freie Fläche, die ihnen bleibt. Ihre Kontrahenten massieren sich in einem großen Pulk unmittelbar vor der Stadtmauer bzw. der schützenden Stadthecke. Die Armbrustschützen (7) positionieren sich ganz außen, daneben die Plänkler (8) und die Söldner (9). Der zweite Trupp Armbrustschützen (10) steht in zweiter Reihe, ebenso wie die Bauern und Knechte (11). Die Ritter von Hanau zu Fuß (12) stehen direkt vor der Stadtmauer auf der Straße. Auf der rechten Seite sind die Spießbürger (13) sowie die beiden Einheiten Reisige (14) und (15).
Beide Seiten rücken mit ihren Truppen rasch vor und schenken sich nichts. Einer der beiden Verbände der Hanauer Reisigen reitet auf der Straße den Frankfurtern entgegen, um ihnen den Weg zu versperren (16). Die Frankfurter stellen dagegen ihre Söldner, die schlagkräftigste ihrer Fußtruppen (17). Die Frankfurter Zünfte müssen sich ihren Weg durch die Gärten bahnen, um mit den Söldnern Schritt halten zu können, da die Straße zu eng für beide Trupps ist (18). Die agilen Frankfurter Plänkler kommen durch die Getreidefelder rasch vorwärts und gesellen sich nun in einem eingezäunten Gehege zu den Gänsen, Ziegen und Schweinen (19). Die Frankfurter Armbrustschützen haben ein gutes Schussfeld: gleich drei Trupps des Gegners bieten sich ihnen zum Ziel (20). Die beiden Reiterverbände der Frankfurter hatten anfänglich weiter hinten erst einmal abgewartet, bis die übrigen, langsameren Fußtruppen etwas mehr Boden gutgemacht haben, stürmen aber schließlich so rasch wie möglich vor (21), um dem gefährlichen Bolzenhagel der Marköbler Armbrustschützen nur so kurz wie möglich ausgesetzt zu sein (22). Jene Armbrustschützen bleiben als einzige stationär, da sich ihnen mit den Frankfurter Reitern ja bereits ein optimales Ziel bietet - alle anderen Hanauer Kämpfer rücken hingegen auf der großen, freien Fläche vor. Die Hanauer Söldner formieren sich in einem Schildwall, was sie für alle eventuellen Attacken durch die gefährliche Frankfurter Reiterei wappnet (23).
Nun geht es Schlag auf Schlag! Die berittenen Frankfurter Patrizier attackieren die Marköbler Armbrustschützen und töten sie alle, ohne, dass diese überhaupt in der Lage waren, auch nur einen einzigen Schuss abzugeben (24). Die Verluste bei den Patriziern sind aber immerhin so hoch, dass sie auf die Hälfte dezimiert werden, außerdem bieten sie nun für den zweiten Trupp Marköbler Armbrustschützen ein leichtes Ziel (25). Die zweite Reitereinheit der Frankfurter, die Söldner, stürmen ebenso wagemutig wie waghalsig mitten auf die gegnerischen Truppen zu (26). Ihr erstes Ziel finden sie in den Plänklern, welche sie einfach niederreiten wollten. Diese aber machen eine Ausweichbewegung in die rückwärtige Baumgruppe hinein und können völlig unbeschadet ihr Leben retten (27). Den Marköbler Spießbürgern aber mangelt es an solcherart Deckung - sie stehen unter permanentem Beschuss durch die Plänkler und Armbrustschützen der Frankfurter (28). Auf der Straße zögern die Hanauer Reisige unterdessen, die kampfstarken Frankfurter Söldner anzugreifen, welche ihrerseits fest entschlossen vorrücken (29).
Und tatsächlich: Ihr Respekt vor den schwer gepanzerten Frankfurter Söldnern ist so groß, dass die Hanauer Reisige nach rechts abbiegen, um sich dort schwächere Ziele zu suchen (30). Welch unerwartetes Glück für die Frankfurter Söldner und Zünfte, deren Weg nun buchstäblich frei ist (31)! Sie werden im Folgenden bestrebt sein, sich aus allen Kämpfen herauszuhalten und so rasch wie möglich nach Gelnhausen, dem eigentlichen Ziel ihrer Unternehmung, zu marschieren. Die berittenen Patrizier im oberen Teil des Schauplatzes stehen zur gleichen Zeit unter schwerem Beschuss der Marköbler Armbrustschützen; zuletzt besteht diese Einheit nur noch aus ihrem Anführer, bevor sie komplett ausgelöscht wird (32). Die andere Reitereinheit der Frankfurter, die Söldner, wird nacheinander von Hanauer Reisigen und Rittern zu Fuß attackiert - sie überlebt diese Attacken noch knapp, aber auch ihr Schicksal ist angesichts dieser Übermacht eigentlich schon besiegelt (33).
Und so geschieht es: Nachdem sie noch einmal in der Lage war, mutig gegen die Hanauer Reisige, die kurz zuvor von ihnen in die Flucht geschlagen wurden, anzustürmen, erliegen die Frankfurter Söldner schließlich ihren Kontrahenten (34). Der gleichzeitige Erfolg der Frankfurter bemisst sich hiergegen als deutlich geringfügiger: Nach wiederholtem Beschuss werden alle Marköbler Spießbürger ausgeschaltet (35); man könnte fast den Eindruck gewinnen, sie hätten sich absichtlich todesverachtend die ganze Zeit vor die Frankfurter Armbrustschützen gestellt, um jenen das Anvisieren höherwertiger Truppen zu verweigern! Den Hanauer Reisigen aber wird nun das Pech zuteil, ein hervorragendes Ziel sowohl für besagte Armbrustschützen als auch für die Frankfurter Plänkler zu bieten (36). Währenddessen sind die Frankfurter Söldner drauf und dran, den Schauplatz gen ihres fernen Ziels zu verlassen - sie folgen dafür nicht einmal mehr der Straße, sondern gehen allen Gegnern, die sich ihnen eventuell noch entgegenstellen könnten, aus dem Weg und laufen querfeldein (37), und auch die Zünfte kümmern sich nun nicht mehr um das Scharmützel, sondern folgen den Söldnern schnellen Schrittes nach (38).
Die letzte Phase des Scharmützels: Die Frankfurter Söldner haben den Schauplatz bereits unbeschadet verlassen, die Zünfte sind ebenfalls außer Gefahr (39), denn die bereits auf die Hälfte dezimierten Hanauer Reisige sind zu weit entfernt, um noch eingreifen zu können (40). Die anderen Hanauer Reisige, der zweite Verband, sieht ein leichtes Ziel in den Frankfurter Plänklern und unternimmt folgerichtig einen waghalsigen Angriff über den Zaun hinweg. Die Plänkler aber weichen in das in ihrem Rücken befindliche Getreidefeld aus und feuern dabei auf ihre Angreifer, die ihre Attacke nicht überleben (41)! Die übrigen Hanauer Truppen sind unterdessen zwar noch weitgehend unversehrt, aber alle zu weit entfernt vor der Ebene unmittelbar vor der Stadthecke versammelt, um noch wirksam etwas ausrichten zu können (42).
An dieser Stelle verebbte das impulsive Scharmützel ebenso schnell, wie es ausgebrochen war, und die Kontrahenten erklärten den Schlagabtausch für beendet. Die beidseitigen Verluste erwiesen sich punktemäßig als recht ausgeglichen: Die Frankfurter büßten ihre berittenen Söldner und Patrizier ein (zusammen 10 Punkte); die Hanauer beklagten ihre Reisige, die Spießbürger und Armbrustschützen (in Summe 12 Punkte).
Und so konnten sich beide Seiten als Sieger dieses Kampfes fühlen: Die Hanauer haben die gesamte Reiterei der Frankfurter, darunter so manchen Patriziersohn, ausgelöscht und die Armbrustschützen und Plänkler am ungestörten Weiterziehen nach Gelnhausen gehindert. Die Frankfurter haben den Hanauern dafür ebenfalls empfindliche Verluste zufügen können, und die Söldner und Zünfte konnten unversehrt ihre Reise fortsetzen.
Selbiges ist uns auch aus zeitgenössischen Chroniken der beiden Rivalen, die über das Ereignis berichten, überliefert:
"... unt darumb wahren alle froh, das sie den Hanawer haben geszlachtet und kunnten ihre reise fortsetzen mit alen zunften und kriegere, die sie gegen Gelnhavsen fürte .."
bzw.
"... mit ros und reisig haben denen von Frankofurt verdroschen unter Ulrichs befel und es herrschte grosze freut und iubel bei denen zu Hanav und Markoebelen ..."
Das Spiel hat sehr viel Spaß gemacht und war reich an spannenden und dramatischen Höhepunkten! Lion Rampant ist ein klasse Regelwerk, das zu meinen absoluten Favoriten gehört. Ich freue mich auf das nächste Spiel
Nachtrag:
Der schändliche Überfall vor dem Marköbeler Stadttor auf die friedlich einem anderen Ziel entgegen ziehenden Frankfurter Truppen wird ein Nachspiel haben. Die Frankfurter haben einen Fehdebrief gegen die Hanauer geschrieben.
Wisset ihr Herre von Hanaw, daz wir, rath und gancze gemeynd tzů Franckenfůrt mit ewch in fehede wollen syn und darumb ewern hab und guot tzů schaden brengen wullen, vnd in spezifica alle denen von Markoͤbelen wollen feynt syn, welche leip und leben von unseren burgern, namendtlich denen von hohen Geszlechtern, vor den tôre ewer stat hân genommen; bis daz wir alles reht wider bekommen. Und wollen des mit disem brieffe gen ewch unser ere hân bewart. Gegeben under unsre insigel anno Dm̅ MCCCLXXXVIII [Siegel]
Bonusmaterial:
Oben: Ein Gemälde, das den heroischen Ansturm der Frankfurter Reiterei auf die versammelten, quantitativ überlegenen Hanauer Truppen zeigt, hängt heutzutage an prominenter Stelle im Frankfurter Städel Museum. Es entstammt vermutlich dem späten 17. Jahrhundert und wurde nach einem zeitgenössischen Wandteppich angefertigt, den die Patrizierfamilie der Glauburgs, die ein Mitglied in dem Scharmützel vor der Marköbler Stadtmauer verloren hat, kurz nach den Ereignissen in Auftrag gab.
Unten: Die zeitgenössische Miniatur (Buchillustration) wird auf kurz nach 1388 geschätzt. Sie zeigt den verwegenen, aber aussichtslosen Kampf der Frankfurter Söldner (links der Mitte) gegen die Hanauer Reisige (rechts der Mitte). In der rechten unteren Ecke sieht man die Hanauer Ritter zu Fuß, die den Frankfurter Söldnern kurze Zeit später den zweiten Schlag und damit den Todesstoß versetzen sollten. Der Zustand hat leider altersgemäß gelitten.
Die (kleine) Kronberger Fehde von 1388
Die prosperierende Reichsstadt Frankfurt geriet im Spätmittelalter zunehmend in Konflikt mit den Adligen des Umlandes. Viele Ritter der Umgebung wurden zu Überfällen auf Kaufleute verleitet, die zur Frankfurter Messe unterwegs waren, woraus das sogenannte Raubrittertum resultierte. Die Stadt reagierte darauf oft, indem sie die Fehde aufnahm und somit die Feindseligkeiten erwiderte. Die Maßnahmen konnten von einfachen Überfällen der Frankfurter auf gegnerischen Besitz bis zu großangelegten Strafaktionen mit der Erstürmung von Burgen reichen. Allein zwischen 1381 und 1425 war Frankfurt in mindestens 229 Fehden verwickelt (vgl. Elsbet Orth, Die Fehden der Reichsstadt Frankfurt am Main im Spätmittelalter, Darmstadt 1973). Diese Aktionen trugen jedoch oft noch mehr zur Verschärfung der Feindschaften bei. Erschwerend kam außerdem hinzu, dass viele Niederadlige der Region durch Verwandtschaft und gemeinsamen Besitz miteinander verbunden waren und somit kaum jemals einem Einzelnen die Fehde angesagt wurde.
Eine dieser kleineren Fehden wurde am vergangenen Sonntag im Tabletopclub Rhein-Main zwischen Zigor auf der einen Seite und mir und meinem Kumpel Sebastian auf der anderen Seite ausgefochten. Der konkrete Anlass der Fehde ist, wie so oft, längst im Dunkeln der Geschichte verloren... Zigor führte die Kronberger in die Fehde, die von den Herren von Hanau unterstützt wurden; Sebastian und ich befehligten die nagelneuen Frankfurter Truppen in ihrem allerersten Kampf.
Es war der 26. März 1388. Zu diesem Zeitpunkt wusste noch keiner von den Kontrahenten, dass dies nur ein Vorgeplänkel für eine weitaus größere, kriegerische Auseinandersetzung im Folgejahr sein sollte, die als "Kronberger Fehde" von 1389 in die Geschichte einging und in der sich die Kontrahenten nicht in zweistelliger, sondern in vierstelliger Zahl gegenüberstanden!
Das Frankfurter Aufgebot war 54 Mann stark. Die Fußtruppen bestanden aus zwei schweren Trupps zunftangehöriger Bürger (die Fleischer und die Schuster), einem Trupp Armbrustschützen aus nichtzünftigen Bürgern und einem Trupp Plänklern aus ärmeren Bürgern. Auf Pferden ins Feld ritten ein schwerer Trupp aus vornehmen Ratsgeschlechtern (Patriziern), darunter Angehörige der Familien Holzhausen, Glauburg und Frosch, sowie ein Elitetrupp Söldner aus benachbarten Gemeinden. Den Oberbefehl führte der ältere der beiden Bürgermeister, Jeckel Lentzel, der mit den Schustern zog.
Mit dieser Truppe rückten die Frankfurter gen Kronberg aus und trafen auf halber Strecke - etwa in der Nähe des heutigen Steinbach (Taunus), wo der Lindenweg verlief, eine der alten schnurgeraden Römerstraßen, die von der Mündung der Nidda bei Höchst zum Kastell Saalburg führte - überraschend auf die Kronberger!
Die Kronberger Truppe war nicht weniger beeindruckend, als diejenige der Frankfurter, im Gegenteil. Unter dem Anführer Hartmut von Kronberg versammelten sich 48 Mann. Die schweren Fußtruppen wurden von den verbündeten Hanauern gestellt, ebenso wie die Armbrustschützen. Die Kronberger steuerten einen kleinen Trupp Plänkler bei. An Berittenen war man den Frankfurtern überlegen: Gleich zwei Trupps schwerer Ritter brachten die Hanauer mit, während die Kronberger die Eliteritter stellten, unter denen sich auch Hartmut selbst befand.
Das Kampfgebiet wurde, außer von der Römerstraße, dominiert von zwei ärmlichen Bauernhäusern, einigen Bäumen, die aber zu vereinzelt standen, um einen richtigen Wald zu bilden, sowie zwei umzäunten Gehegen.
Von dem konkreten Kampfverlauf ist uns glücklicherweise ein einzigartiger Bericht eines zeitgenössischen Frankfurter Chronisten überliefert, dessen ungewöhnliche Anschaulichkeit und Detailliertheit darauf schließen lässt, dass er womöglich selbst in die Fehdehandlungen involviert war:
O edler Leser, höret mich an und lauschet meiner Feder, die Euch von einem tapferen Kampf zwischen den Kronbergern und den Frankfurtern berichten will. Es war an einem Tage, als die Sonne hoch am Himmel stand und die Vögel fröhlich sangen, als der Schlagabtausch zwischen den Frankfurtern und den Kronbergern sich ereignete.
Von Süden herab näherten sich die stolzen Frankfurter, gerade aus ihrer Stadt heraus, um gen Kronberg zu ziehen. Doch die Kronberger, tapfere Krieger, standen schon bereit, ihre Feinde zu empfangen. In der Mitte des Feldes standen ihre schweren Fußtruppen, die von einem umzäunten Gehege geschützt wurden (1). Die Armbrustschützen und Plänkler hatten sich hinter den Schutz zweier Häuser begeben (2), während die Berittenen zwischen der rechten (3) und der linken (4) Seite verteilt waren, aber sie hatten das Übergewicht auf der rechten Seite.
Die Frankfurter, überrascht davon, ihre Gegner an dieser Stelle anzutreffen, nahmen schnell Aufstellung. In ihrer Mitte waren die schweren Fußtruppen in zwei Abteilungen (5, 6) und die Plänkler (7), welche durch die Armbrustschützen auf der linken Seite flankiert wurden (8). Die gesamte Reiterei der Frankfurter stand auf der äußersten rechten Seite (9, 10).
Die Armbrustschützen der Frankfurter sollten laut ihrem Anführer so schnell wie möglich in das kleine, sternförmig umzäunte Gehege vorstoßen, das ihnen einen wirksamen Schutz vor Angriffen und eine weite Sicht auf das Feld bot. Doch leider waren die Frankfurter so entmutigt durch das ungeplante, vorschnelle Aufeinandertreffen mit den Kronbergern und Hanauern, dass sie kaum motiviert waren und es einiges an Überzeugungskraft durch den Frankfurter Bürgermeister bedurfte, bis sie sich in Bewegung setzten (11).
Als sie endlich vorstießen, hatten bereits einige Ereignisse stattgefunden: Auf der rechten Seite stürmten sowohl die Frankfurter Reiter als auch die Reiter der Kronberger und Hanauer motiviert und aggressiv aufeinander zu (12). Auf der linken Seite ritt der andere Teil der Hanauer Reiterei in einem weiten Bogen, um hinter einer abgebrochenen Mauer Schutz vor den Frankfurter Armbrustschützen zu finden (13).
Doch nicht nur die Armbrustschützen, auch die übrigen Fußtruppen der Frankfurter waren wenig motiviert und konnten nur unter großen Mühen vom Bürgermeister nach vorne bewegt werden. Besonders die Plänkler, die eigentlich das vor ihnen liegende Buschwerk besetzen sollten, hielten sich zurück und lungerten herum (14).
Die Hanauer Fußtruppen näherten sich vorsichtig den Frankfurtern, denn sie wussten, dass die Armbrustschützen ihrer Feinde einen weiten Bereich kontrollieren konnten (15). Die Kronberger Armbrustschützen stellten sich hinter einem der Häuser auf, wo sie gut geschützt waren und das Zentrum sowie die rechte Seite der Frankfurter gut im Blick hatten (16).
Auf der rechten Seite des Feldes entflammte sodann ein wilder Kampf zwischen den edlen Rittern beider Parteien (17). Die Hufschläge ihrer schweren Rosses erfüllten die Luft, als sie mit gezückten Schwertern aufeinanderprallten. Doch das Schicksal hatte bereits entschieden, denn obwohl beide Seiten schwere Verluste erlitten, mussten die tapferen Krieger von Frankfurt schließlich das Feld räumen, wovon wir gleich berichten werden.
In der Mitte des Schlachtfeldes bahnte sich ein anderer Kampf an, als die schweren Fußtruppen beider Seiten langsam vorrückten. Die tapferen Fleischer von Frankfurt wollten ihren Rittern zu Hilfe eilen, aber gerieten dabei ins Schussfeld der Kronberger Plänkler, die ihnen schwere Verluste zufügten (18). Die Schuster von Frankfurt standen unterdessen ratlos herum, da sie weder den feindlichen Armbrustschützen noch den Reitern der Hanauer ins Netz gehen wollten (19). Die Hanauer Reiter aber wagten es nicht, die gefährlichen Frankfurter Armbrustschützen ohne Unterstützung anzugreifen und kehrten daher zurück zum Zentrum (20).
Aber plötzlich spitzte sich die Situation dramatisch zu! Die Kämpfe wurden immer intensiver und erbitterter, und die Helden auf beiden Seiten stritten um ihr Leben.
Auf der rechten Seite des Feldes nämlich führten die tapferen Reiter beider Seiten einen erbarmungslosen Kampf, der fast zur völligen Auslöschung führte. Die Kronberger und Hanauer siegten schließlich, aber nur zu einem hohen Preis, da sie ebenfalls zahlreiche Opfer zu beklagen hatten (21). Doch noch größer war das Unglück auf Seiten der Frankfurter Fleischerzunft, die ohne überhaupt ins Gefecht eingreifen zu können, vor den Plänklern der Kronberger floh. Ihr Anführer konnte sie nicht zurückgewinnen, und so mussten sie sich schließlich geschlagen geben und das Feld verlassen (22). Oh welche Schande!
Aber auch die Frankfurter Plänkler kämpften unverdrossen und konnten immerhin einen kleinen Sieg erringen, als sie die schweren Fußtruppen der Hanauer zum Rückzug zwangen (23). Doch anders als die feigen Fleischer kehrten die Hanauer Krieger zurück, um erneut zu kämpfen.
Die Sonne stand nun schon hoch am Himmel und die Vögel trällerten ihre Lieder, als die Hanauer Ritter von links kommend auf ihren Rossen entlang des Zauns des großen Geheges zogen (24). Sie scheuten sich nicht, dem Schussfeld der Frankfurter Armbrustschützen entgegenzutreten, um ihren Ritt nach rechts fortzusetzen. Währenddessen rückte der verbliebene Trupp der schweren Frankfurter Fußtruppen, welche den erlauchten Reihen der Schusterzunft angehörten, samt den mutigen Plänklern gen links vor (25). Sie trachteten danach, dem tödlichen Pfeilhagel der Hanauer Armbrustschützen (26) zu entfliehen und ihre Stellung zu verbessern.
Doch die Szenerie wurde nur dramatischer: Die Hanauer Ritter, welche kurz zuvor noch am Zaun des Geheges verharrten, flüchteten alsbald vom Feld, als sie von den Frankfurter Armbrustschützen hart getroffen wurden (27). Ihnen erging es nicht anders als den Frankfurter Fleischern, welche kurz zuvor ebenfalls das Weite suchten, ohne in das Geschehen eingegriffen zu haben. Aber, auch davon ist zu berichten, auch die Frankfurter Plänkler flohen etwa zur gleichen Zeit (28), nachdem sie von den Kronberger Plänklern unter Beschuss genommen worden waren.
Inzwischen hatte der Trupp der Schusterzunft sich in geschlossener Formation weiter links formiert (29). Der Plan ihres klugen Anführers war, defensiv zu agieren und die Kronberger und Hanauer in ihre Nähe zu locken, damit sie von den Frankfurter Armbrustschützen während des Anrückens ins Visier genommen werden konnten. Und in der Tat schien ein solcher Angriff kurz bevorzustehen, nachdem sich die Hanauer schweren Fußtruppen am oberen Rand gesammelt hatten (30) und auch die Hanauer Armbrustschützen sich nach links auf den Weg machten (31).
Doch es kam anders: Die Schuster erkannten, dass ihr Plan nicht von vollkommener Taktik geprägt war, denn in ihrer ursprünglichen Position wären sie ein leichtes Ziel für die Hanauer Armbrustschützen gewesen, ohne dass die Frankfurter Armbrustschützen jemals hätten eingreifen könnten. Darum begaben sie sich wieder nach rechts (32), wo sie vor dem Gebäude in Deckung vor den Hanauer Armbrustschützen standen (obgleich sie nun aber in Reichweite der Kronberger Plänkler (33) waren).
Da die Frankfurter Armbrustschützen aber plötzlich weiter entfernt vom Geschehen standen, mussten sie ihre einst ausgezeichnete Stellung im umzäunten Gehege aufgeben. Und prompt geschah es: Sie wurden von den Überresten der Hanauer schweren Reiterei attackiert! (34) Doch die Armbrustschützen ließen sich nicht so leicht entmutigen - sie überstanden die Attacke mit Bravour. Jetzt konnten sie die Hanauer schweren Fußtruppen (35), welche mittlerweile um das Gebäude herumgekommen waren in bester Schussposition ins Visier nehmen.
Die Fußtruppen der Frankfurter hingegen, von einer weisen und taktischen Führung geleitet, hielten sich stets defensiv, um den Angriffen der Armbrustschützen aus Hanau zu entgehen (36). So war es ihnen möglich, geschickt aus der Schusslinie der Feinde zu bleiben und von dort aus ihren Vorteil zu suchen. Es war eine fabelhafte Strategie, denn sie erforderte eine große Menge an Selbstdisziplin und demütigem Gehorsam, um der Versuchung des Angriffs zu widerstehen.
Doch dann schossen die Schützen der Frankfurter (37) ihr tödliches Geschoss in die Schlacht, trafen ins Schwarze und schlugen die gesamten schweren Fußtruppen der Hanauer auf ein Mal in die Flucht! (38) War dies der Moment, der die Wende im Streite besiegelte?
Währenddessen setzte die Schusterzunft aus Frankfurt ihre bewährte Taktik fort, indem sie listig um das Gebäude schlich (39), immer auf der Hut vor den Armbrustschützen aus Hanau (40). Sie näherte sich dabei gefährlich den Resten der feindlichen Reiterei sowie den Kronberger Plänklern, aber durch ihre geschlossene Formation wähnte sie sich vor Feinden sicher.
Doch dann ritt - wie aus dem Nichts! - der Kronberger Anführer Hartmut, in seiner tapferen und ungestümen Art, gegen die formierten Frankfurter Fußtruppen (41). In seiner edlen Gesinnung und Todesverachtung zeigte er keine Furcht, auch wenn diese Attacke von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Und so fiel der edle Hartmut im Kampf, wie so viele vor ihm an diesem Tag. Und damit war die Fehde entschieden, denn es verblieben in Summa nur noch fünf Trupps auf dem Feld.
Die Frankfurter, aus ihrer stolzen Stadt, hatten in ihrer Selbstdisziplin und Taktik den Sieg erlangt, denn ihre Verluste in Punkten waren geringer, als diejenigen ihrer Kontrahenten. Die tapferen Kronberger mit ihren Hanauer Verbündeten unterlagen in ehrenvollem Kampf. Aber der Blutzoll dieses verhängnisvollen Tages ward auf beiden Seiten groß. Möge Gott uns in Zukunft gnädiger sein und uns vor weiteren Fehden bewahren!
Es war ein extrem spannender und hochdramatischer Kampf, bei dem sich das Blatt mehrmals wendete Am Ende siegten die Frankfurter denkbar knapp und, auch für sie selbst, auf überraschende Weise. Trotz der frommen Bitte des Frankfurter Chronisten werden es die Kronberger nicht auf sich sitzen lassen, denn wie sagte schon das mittelalterliche Sprichwort: "Nâch der strîte ist vür der strîte." ("Nach der Fehde ist vor der Fehde.")
Der entscheidende Moment, als Hartmut von Kronberg ungestüm die formierten Fußtruppen der Frankfurter attackiert. Ausschnitt aus einem Gemälde aus dem 17. Jahrhundert nach einem zeitgenössischen (verschollenen) Holzschnitt. Die mitgeführte Fahne lässt sich eindeutig als Zunftfahne der Schuster identifizieren.